Letztlich sind wir doch alle H*r*n unserer materiellen Bedürfnisse.
Ich habe fast sechs Jahre für einen Kunden gearbeitet, der völlig beratungsresistent war und auf monolithischen Anwendungen bestand, weil er OO nicht begriffen hat (Zitat eines Modulverantwortlichen: "Dann springt der im Debugger ständig zwischen Methoden hin und her, das verstehe ich nicht"). Der hat auch (fast immer) bekommen, was er wollte. Selektionsbild, Geschäftslogik und Datenbankzugriffe in einem Report....
Als ich eine neue Anwendung schreiben sollte, hab ich gleich gesagt "das mache ich so, dass ich die GUI schön abtrenne, damit man auch auf Webdynpro oder sonstwas setzen kann, wenn man das will. Das wurde mir verboten!
Inzwischen schickt das Unternehmen seine Nachwuchsentwickler auf SAP Fiori-Schulungen, ohne dabei zu bedenken, dass die gar keine Anwendungen haben, die man Fiori-fit machen könnte - jede Anwendung, für die man Fiori nutzen will, muss man erstmal schreiben. Und testen. Alles, was sie bisher geschrieben haben bzw. schreiben lassen haben, ist für Fiori praktisch nicht verwertbar (ich schätze das mal auf 50-60 Mannjahre reinen Entwicklungsaufwand, der für Fiori nicht nutzbar ist).
JETZT bin ich gerade Entwickler und sowas wie "Zweiter Entwicklungskoordinator" in einem Projekt, in dem wir für ein Unternehmen der Arzneimittelindustrie eine sehr komplexe Software entwickeln, die das Unternehmen später weiterverkaufen will. Von der Komplexität her ist das ein eigenes SAP-Modul. Das ist wie Urlaub: Alles in OO, damit das überhaupt noch wartbar ist. Alles mit Unit-Tests, weil Validierung gesetzlich vorgeschrieben ist. Alles mit Online-Dokumentation, weil Drittkunden ja ihre Lizenz allein erweitern und warten wollen (wir haben einen eigenen Namensraum und müssen BAdIs einbauen, die Drittkunden dann implementieren können, so wie die SAP das macht), etc.
Das Hauptproblem ist: Finde mal SAP-Entwickler, die auf diesem Niveau operieren.... Kleine Anekdote dazu:
Ein Entwickler (Freiberufler, über 15 Jahre Erfahrung) ruft mich an und erzählt mir stolz, er habe ein schwieriges Problem gelöst. Er habe eine Klasse, von der er nur eine Instanz erzeugen dürfe. Seine Lösung sei, ein Attribut auf 'X' zu setzen, wenn es ein Objekt gebe und nur dann das CREATE OBJECT zu durchlaufen, wenn das auf SPACE steht. Natürlich steht die Instanziierung auf PUBLIC (weil er nix anderes kennt) und das IF muss er außerhalb der Klasse machen. Diese Lösung habe er den Entwicklern beim Kunden gezeigt und die wären total begeistert gewesen.
Da ist es mir dann echt schwer gefallen, mein iPhone nicht fallenzulassen und mir rutschte der Satz raus "Was seid IHR denn für Amateure, habt ihr noch nie was von Entwurfsmustern gehört?". Antwort: "Ich hab mal ein Buch dazu angefangen, das hab ich aber nicht verstanden und dann weggelegt".
DAS ist das Niveau, auf dem die meisten SAP-Entwickler operieren. Bestenfalls.
Ich nenne keine Namen, aber es gibt hier Leute, die den Mann kennen.
Aber jetzt sind wir sowas von OT....
Ralf